Als Roco im Frühjahr 2023 ein “H0” Startset für Weihnachten 2023 angekündigt hat, das aus einer grellbunten Dampflok, einen ebenso grellbunten Personenwagen und einem offenen Güterwagen, ebenfalls viel zu bunt, angekündigt hat, schien das erst mal nichts besonderes zu sein. Doch die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer in der 0e Schmalspurszene. Denn es handelt sich dabei nicht um ein H0 Startset, sondern um eine Neuauflage von Fleischmann Magic Train Fahrzeugen. Seit 30 Jahren gab es nichts mehr als Großserie in 0e zu kaufen und plötzlich aus dem Nichts gibt es wieder etwas.
(Bild von der Roco Webseite. Foto anklicken, um zur Roco Seite zu gelangen)
Es handelt sich um Neuauflagen aus den alten bekannten Magic Train Formen. Die Stainz wurde technisch etwas modernisiert und bekam einen besseren Motor sowie eine 6-pol Digitalschnittstelle nach NEM 651 spendiert. Leider hat die Stainz, wie bisher alle Magic Train Startpackungsloks vor ihr nur ein unvollständiges Gestänge. Im Gegensatz zu so mancher H0 Startpackungslok sieht das zumindest ein wenig realistisch aus, wenn man die Lok nicht in Mitteleuropa ansiedelt, sondern dort, wo Dampfloks nicht so komplizierte Gestänge haben. Auf jeden Fall gibt es endlich wieder Nachschub, was den eBay Händlern, die sich eine goldene Nase mit dem alten Fleischmann Gerümpel verdient haben, wohl nicht besonders gut schmecken dürfte.
Da ich sowieso schon immer eine Kasten- Dampflok haben wollte, bietet es sich an, die Startpackungslok als Basis dafür zu nehmen. Deswegen habe ich schon vor geraumer Zeit, ganz gegen meine sonstigen Gewohnheiten, so ein Set vorbestellt. Außerdem wollte ich meinen Teil dazu beitragen, dass Roco nicht gleich wieder alles abbläst und ggfs. weitere Teile des alten Magic Train Programms neu auflegt. Von echten Neuentwicklungen wagt man als 0e’ler ja nicht mal zu träumen. Das Set wurde vorhin geliefert, nachdem schon am letzten Wochenende die ersten Fotos im Netz auftauchten.
Ein echte Überraschung waren die Gleise. Dass das Schotterbett weiß ist, war vorher schon bekannt. Aber ich hatte das hässliche Roco Geoline Gleis in noch hässlicherem Weiß erwartet. Doch dem ist nicht so. Es handelt sich um das viel bessere RocoLine Gleis mit Bettung, nur eben nicht grau sondern weiß.
Hier mal zum Vergleich ein Geoline Gleis neben das Oval aus der Packung gelegt. Die RocoLine Gleise lassen sich problemlos aus dem Gleisbett entnehmen. So bekommt man zwar kein 0e Gleis, aber eines der besseren H0 Gleissysteme dazu. Für Modellbahner ist das sicher ein Vorteil, aber die eigentliche Zielgruppe also Kinder könnte darüber weniger erfreut sein. Das RocoLine Gleis ist filigran und die Polschuhe sind ziemlich fummelig zu platzieren.. Da wäre das Geoline Gleis doch erheblich kinderfreundlicher gewesen. Über die Farbgebung (nicht nur) der Gleisbettung breiten wir lieber mal den Mantel des Schweigens. Als Modellbahner muss man auf jeden Fall mit der Airbrush ran, wenn man irgendwas davon “ernsthaft” einsetzen will…
Der Fahrregler ist der aus anderen Fleischmann/Roco Analog Startsets bekannte Handregler, ebenfalls in “Schneefarben”. Vermutlich ein (gerne angenommenes) Versehen ist, das in meiner Packung insgesamt drei Loklaternen beilagen, nicht nur zwei wie normal. Eine der Laternen ist an der Front der Stainz montiert und eine weitere Laterne für die Rückseite liegt lose bei und kann aufgesteckt werden. In meiner Packung waren aber zwei lose beiliegende Laternen.
Aktuell fahre ich die Stainz ein, in dem ich sie bei mittlerer Geschwindigkeit einfach auf dem Oval kreisen lasse. Was sehr erfreulich ist, ist der Geräuschpegel der Lok. Sie ist ungewöhnlich leise, die leiseste analoge Lok, die ich habe. Sie ist aber auch die neueste Lok, Baujahr 2023, wenn auch aus 40 Jahre alten Formen. Außerdem fährt sie sehr leicht an. Der mitgelieferte Fahrregler kann längst nicht so weit herunter regeln, wie die Lok langsam fahren könnte. Für ein Kinderspielzeug ist sie nicht mal übertrieben schnell. Zwar viel zu schnell für Modellbahner, aber ein durchaus akzeptabler Kompromiss zwischen den Wünschen der Kinder und den Bedürfnissen der Modellbahner. Alles in allem sind die Fahreigenschaften nämlich sehr gut, besser als erwartet und auch besser als die älteren Magic Train Fahrzeuge. Ich werde meine Stainz die Tage mit einem ohnehin noch herum liegenden Train-O-Matic DCC Decoder mit Pufferbaustein und passend zur Lok NEM 651 Stecker digitalisieren. Danach mache ich noch mal ein paar Testfahrten auf dem Oval, dann aber Digital. Ich denke, mit ein paar Anpassungen dürfte man eine Digital sehr schön fahrende Lok bekommen.
Um den Geräuschpegel zu demonstrieren habe ich ein paar verwackelte Videos mit dem Smartphone gemacht und bei Youtube hochgeladen.
Zuerst mal meine Fleischmann Magic Train Diesellok, die ich noch nicht umgerüstet habe und die deswegen noch analog betrieben werden muss, was hier passt.
Dann die gestern gelieferte Roco H0 BR 151, die als Fahrwerksspender für die V22 gedacht ist.
Und dann der Zug aus dem Startset.
Eindeutig das leiseste Beispiel…
Heute habe ich die neue Stainz digitalisiert. Das war nicht so einfach, wie ich gehofft hatte. Zum Einen ist der NEM Stecker nicht in der Lok befestigt und verabschiedet sich ständig irgendwohin. Zum Anderen ist NEM 651 nicht Verpolungssicher und es gibt auch keine eindeutige Kennzeichnung. Man macht zwar nichts kaputt, wenn man den Decoder falsch einsteckt, aber es funktioniert dann einfach nicht. Außerdem ist der Kontakt dieser fizzeliegen Pole nicht grade zuverlässig. Ich habe am Anfang sogar den Decoder getauscht, weil ich es nicht gleich hin bekommen hatte. Eigentlich sollte (und ist jetzt auch) ein Train-O-Matic TrainCommander 2 Mini incl. Smart Powerpack Strompuffer dort rein. Ich hatte aber auch noch einen alten ESU Lokpilot V3 mit NEM 651 Anschluss vorrätig. Den hatte ich auch probiert, aber wieder sein gelassen. Damit läuft die Stainz nicht anständig, zumindest nicht auf so verschmutzten Gleisen wie bei mir. Das ist (oder war zumindest) ja die typische ESU Krankheit schlechthin, zumindest zu den Zeiten, in denen ich noch in H0 Digital unterwegs war und aus der der Lokpilot 3 noch stammt. Als Akku- Fahrer ist Gleisreinigung nun mal etwas, um das man sich nicht wirklich kümmern muss. Deswegen sind meine Gleise nicht grade ständig auf Hochglanz gewienert.
Es ergaben sich gleich mehrere Probleme. Zum Einen sind, wie schon erwähnt, die Gleise auf meiner Anlage ziemlich eingestaubt.
Zum zweiten ist mein Eigenbau- Programmierer auf Arduino Basis noch nicht fertig und meine z21 fest auf der Anlage montiert. Ich hätte noch einen der alten Multimaus- Verstärker, allerdings sind meine Multimäuse alle auf Firmware V2.0 aktualisiert. Damit kann man den alten Verstärker nicht mehr benutzen. Also musste ich die Versuche auf meiner Anlage machen, nicht auf dem Testkreis aus der Startpackung.
Und zum Dritten ist in der Stainz der Platz für den Decoder extrem knapp bemessen. Man kann ohne “Verrenkungen” nur einen Micro- Decoder mit fest angebautem Stecker unterbringen. Aber alle NEM 651- Decoder, die ich habe, sind mit einem Kabel zum 6- Pol Stecker ausgestattet. Ein Powerpack unterzubringen ohne etwas am Kessel oder Führerhaus herum zu feilen ist völlig ausgeschlossen. Deswegen habe ich zuerst versucht, nur das Fahrwerk ohne Kessel und Führerhaus ans Laufen zu bekommen. Das scheitert an dem dann viel zu geringen Gewicht, denn der Ballast ist im Kessel untergebracht. Ohne Ballast sind die Federn der Pilzschleifer so stark, das sie die Lok hochdrücken.
Letztendlich habe ich den Decoder mit Pufferbaustein einfach im unteren Bereich des Führerhauses unter gebracht. Das Kabel vom NEM Stecker zum Decoder kann man unterhalb des Stehkessels ins Führerhaus durchschleifen, ohne etwas einzuklemmen. Zwar nicht schön, aber so funktioniert es wenigstens. Ist ja nur ein Provisorium, da die Lok sowieso umgebaut werden soll.
Beim Programmieren der Geschwindigkeiten mit JMRI ist mir aufgefallen, das man die Train-O-Matic Decoder auch so umprogrammieren kann, das sie mit 3 Volt Motoren funktionieren, ohne sie zu beschädigen. Wusste ich bisher noch gar nicht. Wer weiß, wofür das noch mal nützlich sein kann. Grade die chinesischen 3 Volt Glockenanker- Motoren bekommt man für weniger als 1€ “nachgeschmissen”. Außerdem fährt Busch H0f ja auch mit 3 Volt Motoren, so weit ich weiß.
Jetzt läuft die Stainz aber richtig gut. Fast unhörbar und schön sanft. Sie fährt sehr langsam eben “butterweich” an. Sie läuft so gut, das ich sogar schon mit dem Gedanken gespielt habe, die Steuerung umzubauen.
Oops, das Dach sitzt nicht richtig. Macht nichts, ist ja nur aufgesteckt.
Es scheint so zu sein, das man die Steuerung von der “vollständigen” Lok durchaus an die “Startpackungslok” anbauen könnte. Allerdings ist das ein Bereich, von dem ich normalerweise tunlichst die Finger lasse. Ist auch besser so, die Erfolgsaussichten, wenn ich an dem Gestänge einer H0 oder 0e Lok herum fummele sind nicht sehr gut.
Guten Tag, vielen Dank für den interessanten Beitrag. Zuerst muss ich sagen, dass ich (noch) absolut keine Ahnung von Modelleisenbahnen habe. Ich habe mir das Weihnachtszug-Set gekauft, weil ich es originell fand und es mir aus einer Laune heraus gefallen hat. Gerne würde ich den Zug etwas weiter durchs Wohnzimmer fahren lassen und habe mich bei Roco nach kompatiblen Gleisen erkundigt. Die ernüchternde Antwort: Es gibt keine kompatiblen Gleise. Die Antwort finde ich sehr enttäuschend. Haben Sie vielleicht einen Tipp, ob es nicht doch (alte) Gleise gibt, mit denen ich das mitgelieferte Oval etwas ausbauen könnte? Wenn ja, welche wären das und wie käme ich da ran? Dass die Bettung dann nicht in dem weiß der Packung gehalten ist, wäre mir (Achtung Modellbahnerherz) ziemlich egal. Ich würde mich über alle Hinweise sehr freuen!
Hallo.
Das Gleismaterial aus dem Weihnachtsset entspricht bis auf die Farbe dem RocoLine Gleis mit Bettung. Viele Jahre gab es das aus patentrechtlichen Gründen nicht mehr, aber seit 2017 gibt es das Gleis wieder. Eigentlich sollte das bei Roco jeder wissen…
https://www.roco.cc/rde/produkte/gleise/h0-roco-line-m-bettung.html
Zum fliegenden Aufbau auf dem Wohnzimmer- Fußboden ist das RocoLine Gleis nicht sonderlich geeignet, da viel zu empfindlich. Wenn man in dieser Richtung mehr machen möchte, würde ich eher ein anderes Gleis wie das Trix C- Gleis (wichtig, nicht Märklin, sondern Trix sonst funktioniert es nicht) oder das Roco Geoline Gleis verwenden und das Original- Gleismaterial verkaufen, auch wenn es dafür nicht viel geben dürfte. Zum Glück kann man das Gleis aus der Bettung entnehmen und es somit für H0 Modellbahner interessant machen… Aber selbst das Fleischmann Profi Gleis ist stabiler auf dem Fußboden als das RocoLine Gleis. Das RocoLine ist (bis auf die Farbe des Gleisbetts in diesem Set) ein sehr filigranes und vorbildgetreues Gleis, dadurch eben empfindlicher als die weniger vorbildgetreuen aber deutlich robusteren oben genannten Gleise.
Allerdings ist das alles H0 (Maßstab 1:87) Gleis und passt an sich gar nicht zur Magic Train Schmalspur in Spur 0e (Maßstab 1:45). Lediglich die Spurweite, also der innere Abstand der beiden Schienen zueinander ist gleich (16,5mm). Die Schwellen haben aber eine ganz andere Größe und einen ganz anderen Abstand.
Den Unterschied sieht man hier deutlich:
https://modellbahnblog.de/wp-content/uploads/2020/02/DSC_1655.jpg
Zwar fahren die Magic Train Fahrzeuge problemlos auf H0 Gleisen, aber wenn man ein Modell und kein reines Spielzeug haben will, dann sollte man möglichst von Beginn an lieber richtiges Schmalspurgleis für 0e nehmen. Das macht aber nur Sinn, wenn man die Gleise fest verlegen kann. Sei es auf Modulen oder einer stationären Anlage.